Presse

23.08.2013

Geballte Frauenpower in Windesheimer Malerwerkstätte

Windesheim - Frauenpower im Handwerk: Die Malerwerkstätte Leisenheimer in Windesheim steht seit vielen Jahren dafür. 7 von 15 Mitarbeitern sind weiblich. Nicht gerade alltäglich. Vor allem für einen kleineren Betrieb. „Mein Vater hat bereits erste Malerinnen ausgebildet“, betont der heutige Chef Holger Leisenheimer.
Tragen ihren Teil zur hohen Frauenquote bei: Franziska Röhm (vorn) und Katja Drews. Beide sind teilzeitbeschäftigt. Katja Drews arbeitet vier Tage, Franziska Röhm drei Tage pro Woche.
BENJAMIN STOESS

Mit der Anzahl der weiblichen Kräfte ist es jedoch nicht getan. Holger und seine Frau Iris Leisenheimer gehen auch individuell auf die Lebensumstände und Wünsche der Kolleginnen ein. Vier der sieben Frauen sind beispielsweise teilzeitbeschäftigt. Iris Leisenheimer gehört dazu. Sie koordiniert die Einsätze ihres Mannes, ist die Schaltzentrale des Betriebs – und Mutter von zwei Töchtern. 

Flexible Arbeitszeiten
Zwei Kinder hat auch Ulrike Schneider, gelernte Malerin, mittlerweile aber hauptsächlich als Alltagsbegleiterin unterwegs. Dennoch unterstützt sie die Malerwerkstätte einen Tag pro Woche. Drei Tage pro Woche kommt Franziska Röhm, die parallel dazu mit ihrem Freund einen Winzerbetrieb aufbaut. Vier Tage sind es bei Katja Drews, die Probleme mit dem Rücken hat und sich deshalb freitags komplett auf die Krankengymnastik konzentriert. „Seitdem hat sie keine Beschwerden mehr“, sagt Iris Leisenheimer, „und kommt montags fit zur Arbeit.“
Diese Flexibilität zu gewährleisten, ist nicht selbstverständlich, zugleich aber eines der Erfolgsgeheimnisse der Malerwerkstätte. Und Grund für eine besondere Zertifizierung: das audit „beruf und familie“, empfohlen von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft. Dazu gehören auch die familiengerechte Urlaubsplanung oder gemeinsame Aktivitäten mit den Familienmitgliedern. Während in anderen Betrieben die Chefs Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern organisieren beziehungsweise organisieren lassen, überlassen die Leisenheimers das bewusst ihren Mitarbeitern. „Sie entwickeln eine Idee und setzen sie um. Wir werden nur eingeladen“, erklärt Iris Leisenheimer.
Sie versucht derweil, ihren Mann so gut es geht in seiner Tätigkeit als Meister zu entlasten. Die Handy-Nummer gibt sie nie raus: „Wenn er bei einem Kunden ist, muss er sich auf diesen konzentrieren können und darf nicht ständig abgelenkt werden.“ Zumal ihr Mann wie viele Chefs von kleineren Unternehmen ständig persönlich gefragt ist. Hinzu kommen jede Menge ehrenamtliche Engagements. Unter anderem sitzt er im Aufsichtsrat der Malereinkaufsgenossenschaft Südwest (Wiesbaden), ist Dozent der Handwerkskammer in Koblenz und im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer für Restauratoren. Da bleibt nicht viel Zeit für Familie und Freizeit. Und wenn, dann schnappt er sich gerne mal seine E-Gitarre und rockt mit seiner Band „Six01“. „Ein bisschen Ausgleich braucht man ja“, sagt er und schmunzelt. Gleichzeitig betont er aber: „Mein Job ist der bunteste Beruf der Welt.“

Wurzeln liegen im Jahr 1909
Die Wurzeln seines Betriebs liegen in Gensingen – im Jahr 1909. Der weitere Weg führte über Langenlonsheim, ehe es dort zu eng wurde und Iris und Holger Leisenheimer vor 15 Jahren den Hauptsitz nach Windesheim verlagerten. Sie führen die Malerwerkstätte in der vierten Generation. Bei Privatleuten geht der Trend dorthin, dass der Fachmann erst später eingeschaltet wird, sagen sie. „Die meisten versuchen sich erst mal selbst, merken aber nach ein paar Jahren, dass das vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei war. Erst dann kommen wir ins Spiel“, unterstreicht Iris Leisenheimer.

Gleichzeitig bringt sich die Malerwerkstätte stark bei der Renovierung von Kirchen ein. Mehr als 150 hat sie in den vergangenen 103 Jahren mitsaniert und -gestaltet. „Oft legen wir die Basis für die Restauratoren“, erzählt Iris Leisenheimer – und kommt im nächsten Moment wieder auf das Thema „Frauen“ zu sprechen. Denn ihre Erfahrung zeigt: „Am besten einen Mann und eine Frau zusammenarbeiten lassen. Das klappt prima.“ Stephan Brust